Ein Schwabe in Bayern
Ein Schwabe in Bayern

Neunmalkluger Philosoph

30.4.14

 

Abgesehen von recht banalen Fragen des Alltags, wird ein Vierjähriger offensichtlich auch von existentiellen Fragen umgetrieben. Immer wieder beschäftigen wir uns mit dem Thema Tod und Sterben.

 

Th: „Wo ist eigentlich der Mann von der Uroma?“

Mama: „Der ist schon gestorben.“

Th: „Aber gell, Du stirbst nicht!“

Mama: „Nein, da muss ich erst mal so alt werden wie die Uroma und dann noch älter. Mindestens 100.“

Th: „Wie lange ist 100?“

Mama malt eine Strichliste mit 100 Strichen und eine mit 37 Strichen und 4 Strichen zum Vergleich. Kind zufrieden.

 

Das Thema ist aber nicht abgehakt. Neulich nach dem Schwimmkurs herrschte im Auto ungewöhnlicherweise Schweigen für mehr als 10 Sekunden. Dann Th aus dem Blauen heraus mit Pathos: „Ich will nicht sterben!“. Wir als Eltern versicherten schnell, dass es noch laaaaange, laaaaange dauern wird, bis es unvermeidlicherweise soweit ist. Zum Glück fuhren wir dann wieder am in der Ortsmitte befindlichen Wegekreuz mit dem leidenden Jesus vorbei, was Th wie immer veranlasste, zu rufen: „Hey, da ist wieder der nackige Mann!“. Allgemeines, etwas schuldbewusstes Gelächter.

 

Überhaupt interessiert sich Th sehr für die Geschichte vom nackigen Mann, aka Jesus. Warum, warum nur! Und ausgerechnet wir müssen seine Eltern sein! Eine Weile hat er sich damit abspeisen lassen, dass das eine grauselige Geschichte ist, die gar nicht schön ist. Als es jedoch letztens sehr östelte, kamen wir am Thema Jesus nicht mehr vorbei. Also setzte ich mich mit ihm hin und schaute die Ostergeschichte in einem Buch mit ihm an.

 

Mama: „Jesus war ein ziemlich schlauer Mann, der viele gute Ideen hatte und wollte, dass alle nett zueinander sind. Manche Leute glauben, dass er der Sohn Gottes war und zaubern konnte.“

Th: „Und Du glaubst das nicht?“

Mama: „Hmm, äääh, ich glaube nicht, dass der liebe Gott so ist wie viele Leute sagen und einen Sohn hatte.“

Th: „Warum?“

Mama: „Puh, also, hmmm, das ist jetzt schwierig, zu erklären. Ich erkläre Dir das ein bisschen später, ok?“

Th: „Ok. Mama, warum hat der keine Kleider an und warum blutet der?“

Mama: „Weil die bösen Leute ihm die Kleider weggenommen und ihn mit einem Stab gepiekst haben.“

Th: „Warum haben die das gemacht? Warum mochten die ihn nicht?“

 

Verflixt, da wurde es mir zu schwierig. Ich war mit meinem Latein am Ende und fühlte mich gezwungen, etwas zu sagen, was ich eigentlich nie sagen wollte: „Weißt Du was, ich glaube, Du bist dafür noch zu klein. Magst Du nicht eine Folge Schlümpfe gucken?“ Puh, gerettet...

 

Zum Glück geht es bei uns nicht immer so schwermütig zu. Wenn auch hin und wieder sehr neunmalklug. Th unterhielt sich mit seiner besten Freundin:

 

Laura: „Morgens vor dem Kindergarten darf ich immer noch was Süßes essen.“

Th: „Laura! Du musst auch mal was Gesundes essen!“

 

Eine Unterhaltung mit der Mutter einer anderen Kindergartenfreundin:

 

Susanne: „Warum hast Du denn so einen großen Rucksack?“

Th: „Weil ich zu meiner Baba und meinem Diado (bulgarisch für Oma und Opa) fliege. Die wohnen nämlich in Australien (ß frei erfunden!), und Australien ist weiter weg als Thailand.“

 

Th kommt in der Weihnachtszeit singend aus dem Kindergarten:

 

„Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum, die Oma hängt am Gartenzaun!“

 

 

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© Isabella Paul-Jordanov