Ein Schwabe in Bayern
Ein Schwabe in Bayern

- 9 - Ducks und andere Rudeltiere

Es gibt hier drei Arten von Lebewesen, die bevorzugt als Kollektiv in Erscheinung treten, und ein nicht unerhebliches Erzürnungspotential besitzen: 1) Briefträger, 2) Gänse und 3) Chinesen. Erstere schwärmen morgens zwischen 8 und halb 9 – also wenn ich an späten Morgen in die Uni fahre – aus dem Hauptpostgebäude auf roten Fahrrädern reitend in alle Himmelsrichtungen aus. Sie fahren stets in mindestens einer Dreierkette nebeneinander und sind sich ihrer gemeinsamen Stärke bewusst. Das heißt, als Nicht-Briefträger bleibt einem die Wahl, sich in die Büsche zu schlagen oder post (!) –wendend kehrtum zu machen, denn ein Kräftemessen ist hier definitiv nicht angesagt. Es wird nämlich nicht einmal ein Bruchteil eines Millimeters ausgewichen. Die zweite Spezies tummelt sich überwiegend auf dem Unicampus, und zwar eigentlich überall, aber meistens an den Orten, an denen es besonders nett ist und wo man sich als Mensch mit einem Brötchen an einem sonnigen Tag vielleicht auch gerne hinsetzten würde. Dies wird einem durch zweierlei Dinge madig gemacht. Erstens ist jeder, aber auch wirklich jeder Fleck auf dem Unicampus vollgeschissen und zweitens sind die Gänse so dermaßen frech, dass sie einen regelrecht attackieren und durch Schnabel-Schnappen oder Über-die-Füße-Latschen demonstrieren, dass sie ein Recht auf das Mittagessen haben, das man gerade versucht zu verspeisen. Ich hab’s mit Emma erlebt, wir kamen uns vor wie die Hauptdarsteller in „Die Vögel“ und mussten schließlich wohl oder übel das Feld räumen. Die dritte Spezies befindet sich ebenfalls überwiegend auf dem Campus, ist aber auch an Wochenenden in der Stadt anzutreffen. Studenten sind ja an sich schon eine Pest, aber chinesische Studenten sind die Spitze. Zumindest, wenn man in einem Büro neben dem Haupthörsaal der Psychologie hockt, dessen Türe ungefähr so viel Dämmfähigkeit hat wie eine Scheibe Serano-Schinken. Sie bewegen sich ausschließlich in Gruppen von mindestens 5 fort. Fortbewegen ist nicht das richtige Wort. Sie werden durch die Braun’sche Molekularbewegung in der Luft in Zeitlupe durch den Raum bewegt, reden dabei alle gleichzeitig in einer Tonhöhe von nicht weniger als einem 2-gestrichenen D (bei Männern darf’s auch mal ein B sein) und tragen seit den neuerlichen tropischen Temperaturen auch gerne Regenschirme als Schutz vor der giftigen englischen Sonne. 

Auch wenn ich sie schon am Telefon verpetzt habe, hier noch mal ein paar nette neue englische Redewendungen fürs Archiv. Wenn man so gelangweilt ist, oder so genervt von etwas, dass man lieber für den Rest des Lebens mit allen drei oben beschriebenen Kollektiven rumhängen will anstatt das weiterzutun, was man gerade tut, dann sagt man „I am beginning to lose the will to live“. Ebenfalls ein nettes Sätzchen, das die mangelnde Interessantheit von etwas zum Ausdruck bringt ist: „It is as exciting as watching paint dry on the wall“. Wenn jemand es nie so recht zu etwas gebracht hat sagen die Engländer „He never really cut the mustard“. Und meine Chefs nennen einen der noch wichtigeren Chefs an der Uni (in subtiler Anspielung auf seinen Leibesumfang) „fat controller“. Peter Bailey ist „The voice of god“ wegen seiner alles – leider auch im „schalldichten“ Raum aufgenommene akustische Stimuli - durchdringenden, tiefen Stimme. Padraig ist wahlweise „the Irish wizard“ oder „wonder boy“. Wie ich heiße, weiß ich nicht und Quentin hat außer „Q“ auch keinen Spitznamen. Nett fand ich auch den Radiokommentar, des zugegeben tödlich öden WM-Fußballspiels Schweiz – Ukraine: „Both teams are trying hard to destroy the game of football“. Hihi.

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© Isabella Paul-Jordanov