Ein Schwabe in Bayern
Ein Schwabe in Bayern

- 8 - Summer in the city

Mittlerweile ist hier so etwas wie Sommer ausgebrochen. Ich hab ja nicht daran geglaubt, aber wir hatten 26 (!!) Grad bei strahlendem Sonnenschein, während es in Deutschland geregnet hat! Und wieder wundere ich mich über die Anziehkultur der Briten. Die eine Fraktion zieht sich an, als wären draußen mindestens 40 Grad und 98% Luftfeuchtigkeit, d.h. weibliche Wesen bewegen sich möglichst spärlich bekleidet durch die Gegend, bzw. besetzen gänzlich unbewegt in großen Rudeln jeden Flecken Grün, der zu finden ist. Die männliche Gattung trägt Boxershorts oder so was und obenrum am liebsten gar nix. Zumindest trifft diese Beschreibung auf den Unicampus zu. Es gibt aber auch die andere Fraktion von Briten, die ungeachtet der tropischen Temperaturen weiter im langen Wintermantel mit Schal um die Ecken schleicht. Das ist insofern verwunderlich, da sich die Bekleidung vor allem der oben beschriebenen weiblichen Subspezies zwischen 26 und -5 Grad nicht allzu sehr zu unterscheiden scheint. Aber vielleicht gibt es hier einen Club von Leuten, die sich immer kontra-zyklisch anziehen und damit irgendeinen subtilen Protest ausdrücken. Ich verstehe es auf jeden Fall nicht. Lustig ist auch, dass die hochsommerlichen Temperaturen dazu führen, dass der gemeine Brite eine große Angst entwickelt, zu dehydrieren. Deshalb wird man überall darauf hingewiesen, immer eine Wasserflasche bei sich zu haben. Die Hitzeperiode könnte ja länger als 2 Tage anhalten und man könnte bis zum nächsten Regen verdursten.

Apropos Regen: die Eskimos kennen ja angeblich 101 Worte für Schnee. Die Engländer kennen mindestens genauso viele für Regen. Wenn man hier die Wettervorhersage liest, brauch man erst mal ein Wörterbuch. Die Regenvarianten reichen von light rain, heavy rain, light showers, heavy showers, drizzle, fog, thunderstorms bis zu hail showers. Wenn clear spells angesagt sind, kann man sich schon glücklich schätzen. Und in den fast 5 Monaten, die ich jetzt hier bin, habe ich nur ein einziges mal die Vorhersage „clear“ mit einer Sonne gesehen. Kein Witz. 

Eine weitere Besonderheit der Angelsachsen, die mir ins Auge gestochen ist, ist die große Dichte an großen Hunden. Dies mag vielleicht ein weiterer Ausdruck der Statusversessenheit in England sein und der Dinge, die mit einem gewissen Status verbunden sind, und zwar ausnahmslos. Leute aus dem wohlhabenden Mittelstand (vor denen es in York nur so wimmelt) besitzen alle ein Haus, mindestens einen ernstzunehmenden Hund und ein „Allotment“ – das ist das, was Schwaben ein „Stückle“ nennen, oder Restddeutsche vielleicht einen „Gartenstreifen“. Naja, ich glaube es ist klar, wovon ich rede. Das Wochenende wird also in jedem Fall mindestens teilweise dazu genutzt, das „Allotment“ zu pflegen, Gemüse anzupflanzen, Blumen zu setzen und Unkraut zu jäten. Über den Zustand des Allotments wird sich dann bei sozialen Ereignissen ausgetauscht. Meine beiden Chefs haben ein Allotment und pflegen dieses hingebungsvoll… und pflegen auch den Austausch darüber hingebungsvoll, v.a. bei unseren allmontäglichen Lagebesprechungen im Ikea-Room. Besagter Ikea-Room wurde von Quentin so getauft, weil die komplette Ausstattung – wie man sich schon denken kann - aus Ikea stammt, bis auf die Kaffeemaschine, die ist von Woolworths.

Aktuelles

Druckversion | Sitemap
© Isabella Paul-Jordanov