Heute war ich mit meinen Freunden Emma und Edwin in den „moors“, einer spektakulären Hochmoorlandschaft, die ihresgleichen sucht. Sie ist deshalb so speziell, weil nicht die Täler die Moorlandschaft bilden, sondern paradoxerweise das Hochland. Jenes überrascht immer wieder mit der verrücktesten Farbgebung von orange über lila hin zu schwarz. Sehr hübsch und rau zugleich. Auf unserer Wanderung lernte ich 3 wichtige Dinge. 1) Ziegen sehen hier mitunter aus wie Esel; 2) Trete niemals auf Stellen, die verdächtig harmlos aussehen und schwarzer Farbe sind; 3) nicht überall, wo die Briten meinen Römerspuren entdeckt zu haben stecken auch Römer dahinter. Zu 1) Kurz nach unserer Ankunft in Goathland (der Name hätte uns schon zu denken geben sollen) passierten wir einen kleinen, wunderhübsch gelegenen Hof, auf dessen Weide ein Gaul und ein anderes Tier grasten, das wir aus der Ferne als eine Art Esel identifizierten. Wir waren dennoch verunsichert, da das Tier irgendwie zu wenig Eselhaftes an sich hatte. Bei näherer Betrachtung entpuppte es sich dann auch als Ziege, die allerdings große Ähnlichkeit mit dem Pferd angenommen hatte, mit dem sie sich die Wiese teilte. Edwin meinte, das sei wahrscheinlich wie mit lange verheirateten Ehepaaren oder Haustieren und ihren Besitzern, die sich mit der Zeit immer ähnlicher werden. Wir tauften das Tier „gonkey“. Zu 2) Wir waren wie gesagt im Hochmoor unterwegs und eine nicht unbekannte Eigenschaft von Mooren ist, dass sie matschig sind und Menschen elendig darin versinken. Natürlich war ich mal wieder die einzige in unserer kleinen Dreierrunde, deren rechtes Bein fast bis zum Schaft von einem schwarzen Loch verschlungen wurde. Nun gut, ich übertreibe. Aber ich bin wirklich bis zum Knöchel im Morast versunken, obwohl nichts darauf hingedeutet hatte, dass diese Stelle irgendwie anders als all die anderen gewesen sein sollte, die wir bisher passiert hatten. Von dem Moment an nahm ich mich allerdings in Acht vor allzu schwarzen Flecken auf dem Boden. Überhaupt sollte gesagt werden, dass diese Wanderung definitiv in die Matschigkeitsannalen eingegangen ist, obwohl es sich angeblich dieses Jahr um den trockensten Januar seit Anbeginn der Wetteraufzeichnungen handelte. Es muss sehr spaßig im Hochmoor sein, wenn es mal geregnet hat… Zu 3) In Emmas Reiseführer wurde ein Abzweig als besonders lohnenswert angepriesen, da angeblich noch gut erhaltene Reste einer uralten Römerstraße zu begehen seien. An der vermeintlichen Römerstraße angekommen (wegen der wir eine extra-Stunde Matschwaten in Kauf genommen hatten) erwartete uns ein Schild, das besagte, dass man sich mittlerweile nicht mehr ganz so sicher sei mit den Römern und so. Stattdessen erzählte man uns eine nette Anekdote über die Entstehung dieser „Straße“. Der Riese Wadehatte die riesigen Steinplatten nämlich verlegt, damit seine Riesen-Gemahlin (deren Name mir entfallen ist) besser ihre Schafe zur nächsten Heide treiben kann. Trotz der Enttäuschung wegen der Römer bereuten wir dennoch nicht, diese Detour gemacht zu haben, weil man einen spektakulären Panoramaüberblick über das Moor und das Tal hatte.
Nicht nur Ziegen sind hier ein wenig anders, sondern auch die Kühe. Ich persönlich kenne hauptsächlich unsere norddeutschen schwarz-weißen Holsteiner und die schweizerischen hellbraunen Kühe, die sich gerne mit der Zunge ihre Nasenlöcher auslecken. Hier haben sie die Farbe von - pardon - Scheiße und sind ziemlich wuschelig und haben mit dieser Art Styling eine gewisse Ähnlichkeit mit Bisons, nur kleiner. Ich treffe fast jeden Morgen welche auf dem Weg zur Uni – am Walmgate opening – der Stelle, wo es auch immer am windigsten ist und die wiederum eine nicht bestreitbare Ähnlichkeit mit dem Konstanzer Hockgraben hat. Die Kühe interessieren sich allerdings nicht für einen, vermutlich weil sie trotz ihres Fells zu sehr mit Frieren beschäftigt sind…
Ich hatte ja bereits schon erwähnt, dass das Konzept der Nudel von den Engländern noch nicht ganz verstanden wurde. Diese Geschichte hat eine Fortsetzung. Neulich abends kam ich also nach Hause und war extremst hungrig, nachdem es beim Heimradeln mal wieder kräftig nach Schokolade gerochen hatte. Also suchte ich nach der Sorte Nudeln, die sich am schnellsten kochen lässt. Doch was sahen meine vertrockneten Augen: das kürzeste, was da an Kochzeit angegeben wurde, waren 14 (!) Minuten für ordinäre Penne! Das kam mit ziemlich spanisch vor und natürlich waren die Nudeln nach den klassischen 7 Minuten perfekt al dente und verspeisbar. Während des Essens fiel mir wieder ein, dass mich Rainer Banse gewarnt hatte, niemals in der Mensa Nudeln zu essen, weil man das nicht ertragen könne. Die Briten kochen diese nämlich buchstäblich zu Tode, so dass man zwar nicht mehr das Gefühl hat, man isst Nudeln, aber immerhin nicht mehr kauen muss…
Heute war ein wahrhaft miserabler Tag, zumindest was das Wetter angeht. Deshalb beschloss ich auch (zum ersten Mal!) mich nicht mit dem Fahrrad, sondern per Bus an die Uni zu begeben. Um dies zu tun, musste ich einen 10-minütigen Fußmarsch zur nächsten Bushaltestelle hinter mich bringen. Dabei fiel mir etwas Interessantes auf. Während sich in Deutschland bei Regen so gut wie niemand draußen befindet, scheint das in England überhaupt gar keinen Unterschied zu machen. Die Leute tun einfach so, als würde es gar nicht regnen. Sie joggen, sie fahren Rad, sie gehen Spazieren – kurzum, es ist genauso bevölkert draußen, wie es das ohne Regen wäre. Das lässt viel über die Wetterverhältnisse hier ahnen… Auf selbem Weg zur Bushaltestelle wurde ich von einem passierenden Engländer mit einem frischen „morning!“ begrüßt, worauf ich ihm ein kräftiges „moin“ entgegenschmetterte, was mir dann doch ein bisschen peinlich war, aber irgendwie ganz automatisch bei mir ausgelöst wurde. Ähem…Übrigens zieht man hier nicht an einem Strang, sondern „sings from one choral book“. Dieses Wissen stammt natürlich von Quentin, der wandelnden menschgewordenen Metapher.