Heute war ein schwarzer Tag. Erst mal gab es tierischen Gegenwind sowohl auf der Hin- als auch auf der Rückfahrt zur Uni, so dass ich fast vom meinem Rad geplumpst wäre. Dann musste ich mal wieder eine Tätigkeit im Neuroimaging Centre erledigen, das natürlich – wie kann es auch anders sein – am völlig entgegengesetzten Ende des Campus sitzt. Also musste ich wieder mit dem Rad durch den Höllenwind. Dort angekommen war, obwohl ich mir extra Zeit hatte buchen lassen, das MEG noch besetzt. Also musste ich eine knappe halbe Stunde draußen warten, weil ich kein „Operator“ bin, obwohl ich wahrscheinlich schon mehr Erfahrung mit diesem System gemacht habe als die ganze Belegschaft zusammen. Dann stellte ich fest, dass so wenig Plattenplatz auf dem Rechner war, dass ich immer nur mit einer Datei arbeiten konnte und diese dann nach dem langwierigen Upload auf das interne Netzwerk sofort löschen musste. Nicht gerade die effektivste Art zu arbeiten. Dann wurde mir nicht erlaubt, von extern auf die Daten zuzugreifen, so dass ich darauf angewiesen war, DVDs zu brennen, die natürlich nicht vor Ort waren und erst mal organisiert werden mussten. Zu guter Letzt stellte ich dann zurück in meinem Büro fest, dass alle Daten Schrott waren, weil die damals messenden Deppen nicht in der Lage dazu gewesen waren, den Kopf der Probanden IN den Helm zu platzieren, sondern ihn lieber darunter oder daneben oder weiß der Himmel wohin platziert haben. Einzig tröstlich war der Gedanke, dass ich morgen – Samstag – nicht wieder in den Laden musste, sondern gemütlich zuhause auf meinen Einkauf warten konnte.
Ja, richtig gelesen! Ich werde morgen auf meinen Einkauf warten und nicht umgekehrt. Da ich ja nicht motorisiert bin, musste ich mir eine andere, praktischere Lösung ausdenken, als mit dem Fahrrad kiloweise 17-für-den-Preis-von-9-Litern Saftkartons nach Hause zu schleppen. Es gibt hier diesen wunderbaren Service, sich von den großen Einkaufstempeln sein Zeugs nach Hause bringen zu lassen. Dazu begibt man sich ins Internet und trägt dann auf einem virtuellen Einkaufszettel die Sachen ein, die man haben möchte. Dann schlägt einem das Programm die „Regale“ vor, in denen man die Dinge findet, d.h. man scrollt sich durch eine mit kleinen Produktbildchen versehene Liste von Waren, die man dann in ein- oder mehrfacher Ausführung in den virtuellen Einkaufswagen legt. Schon praktisch. Nicht unbedingt für frischen Salat oder Fisch, aber 6*2 Liter Sprudel, Milch und Saft ist es nicht schlecht. Ich bin gespannt auf morgen…
Heute habe ich eine weitere Absonderlichkeit der englischen Bürokratie erlebt. Ich bekam einen Brief, der eine Plastikkarte enthielt, ähnlich einer Kreditkarte. In dem Brief stand geschrieben, dass ich mit jener ominösen Karte von nun an meine Stromrechnung zahlen solle, und zwar an irgendwelchen Automaten, die speziell dafür in Shoppingzentren aufgestellt seien. Ich fragte mich, wie das denn gehen solle, da die Karte ja keinen magischen Zugriff auf mein Konto hat. Außerdem schien mir die Rechnung von 74 Pfund im Monat dann doch etwas hoch. Also rief ich im Callcenter an. Dort musste ich erst mal die 7 (!) Optionen anhören, wegen denen man anrufen kann und mich für eine davon entscheiden. Dann bekam ich eine Amerikanerin an die Strippe, die mich nicht verstand und auf meine Ansage „I am not from here“ verstand, sie sei „not from here“ und mich erst mal fragte, woher ich das denn wüsste, sie sei ganz neu in England. Unglaublich. Dann meinte sie auch, die Rechnung sie ziemlich hoch und sie an meiner Stelle würde einfach nur 30 Pfund zahlen. ??? dachte ich, na wenn sie das sagt. Und natürlich konnte ich ohne großes Aufhebens ein Bankeinzugsverfahren („direct debit“ hier in England) anleiern, so dass ich mit meiner Karte in Zukunft nicht zu diesen seltsamen Automaten pilgern muss. Mal sehen, was passiert, wahrscheinlich stehe ich demnächst im Dunkeln.
Diese Kleinigkeiten, die hier anders sind, sind schon seltsam und ich komme mir manchmal vor wie ein Idiot. Zum Beispiel wollten meine Landlords von mir für die erste Monatsmiete einen Scheck, da ich nicht genau wusste, ob mein erstes Gehalt pünktlich auf meinem Konto sein würde. Gut, dachte ich, schreibe ich einen Scheck. Wie geht das hier? Auf dem Scheckblock, den ich von meiner Bank bekommen habe stehen nur kryptische kleine Kürzel, von denen ich keine Ahnung habe. Ich konnte nicht mal ersehen, wo ich den Betrag und den Empfänger hinschreiben musste. Also tappte ich etwas beschämt zu meinem Co-Supervisor Peter (der mich regelmäßig über Dinge des Alltagslebens informiert) und fragte nach. Es amüsierte jenen natürlich aufs Köstlichste, dass ich all das nicht wusste und gab dann aber zu, dass ich es auch nicht wissen könne, dass dieses Wissen nämlich genetisch in der englischen Seele verwurzelt sei. Super.
Eine Sache, die hier wirklich super praktisch ist, ist das „Cash-back“ System. Das heißt, wenn ich einkaufen gehe und nur noch 20 Pence in meinem Säckel habe, zahle ich (sowieso) mit meiner Bankkarte und kann mir dann von dem Laden noch Bargeld in beliebiger Höhe auszahlen lassen. Cool, was. Sehr praktisch. Und paradoxerweise kostet das keine Gebühren, wohingegen es sehr wohl Gebühren kostet, wenn man am Geldautomaten Geld holt. Versteh das einer.
Völlig besoffen sind die Preise für Alltagskäse hier. Ich meine solche Sachen wie Parmesan, die man jeden Tag für seine Pasta brauch. Aber da ja schon die Spaghetti im Kühlschrank gelagert werden, hätte ich ahnen können, dass hier etwas ganz grundlegend nicht stimmt. Ich bin neulich fast hinten über gekippt, als ich sah, dass ein lachhaftes Stück Parmesan 6 Pfund irgendwas kostet. Dafür bekommt man kiloweise geriebenen Cheddar für 20 Pence. Ich sach ja, die spinnen. Ähnlich sieht es mit allen anderen Käsesorten aus, die nicht unmittelbar aus der Umgebung stammen, also Cheddar, Cheddar oder Cheddar. Ich glaube, ich werde, wenn das mit der Wissenschaft nicht klappt mal einen Käseimportexporthandel eröffnen. Auch komplett unverständlich ist, dass es in meinem Cornershop kein Stück Fisch zu kaufen gibt, das nicht schon in irgendeiner Art von Soße schwimmt oder gleich in einem kompletten, mit Sicherheit wahnsinnig gesunden Fertigmenü verwurstet ist. Ich wollte einfach nur ein Stück stinknormalen Fisch, sogar Seelachs hätte es getan. Aber selbst gefroren gab es ihn nur in Mayonaise. Da wundert es mich nicht, dass es so viele mopsige Engländer gibt. Neulich im Zug saß ich einem Abteil mit 4 Mädels gegenüber, von denen jeweils eine mit Sicherheit mindestens doppelt so viel wog als ich. Naja, so schlimm war es nicht, aber die waren schon ganz schön proper und auch deutlich jünger als meine Wenigkeit. Aber alle bauchfrei. Sehr apart.