Da es ein zeitlich sehr aufwändiges und uneffektives Unterfangen ist, als Einzelperson ohne Auto in besagten Mega-Supermärkten einzukaufen, habe ich mich darauf beschränkt, nach der Arbeit gelegentlich in einem kleinen Ecksupermarkt in der Stadt meine Vorräte aufzustocken. Dort war ich neulich wieder, um mir Nudeln zukaufen, ganz normale Nudeln, Hartweizengrieß, wie es sie bei uns sogar an der Tanke in diversesten Ausführungen gibt – von Barilla bis Buitoni und wie sie alle heißen. Seltsamerweise fand ich kein Regal, das auch nur Spaghetti beherbergt hätte. Ich kämmte den Laden 2 bis 3 Mal durch, immer mit demselben Ergebnis. Das mutete mir dann doch seltsam an, da Engländer in ihrer Neigung ein großes Sortiment Fertiggerichte anzupreisen auch eine große Menge frischer Nudeln mit allem Schnickschnack gefüllt im Kühlregal ausstellen. Beim Betrachten des Fertignudelsortiments im Kühlschrank sah ich sie dann: ganz unten hineingelegt, blinzelten mich drei Pakete Conciglie-Hartweizengrießnudeln an, die völlig entgegen ihrer Bestimmung auch im Kühlregal angesiedelt waren und wahrscheinlich noch niemals gekauft worden sind, da die Engländer gar nicht wissen, was man damit anfängt. Ich erbarmte mich eines Paketes mit dem Wissen, dass die anderen beiden auch noch da sein würden, wenn ich meine 500g aufgegessen haben würde…
Eine weitere Sache, die mich in englischen Supermärkten völlig verstört ist der Verkaufstrick, dass man 3 Dinge zum Preis für 2 bekommt, oder entsprechend 2 zum Preis für einen. Und das bei völlig absonderlichen Dingen wie Safttetrapaks, Fisch, Plunderteilchen oder Karottenpackungen etc. Also eigentlich bei allem, was man sich kaufen möchte. Ich gehe also mit dem Vorsatz einkaufen, 1 Liter Saft, ein Brot, 1 Stück Käse und ein paar Karotten haben zu wollen – doch es ist mir unmöglich dann beispielsweise 1 Liter O-Saft für 1 Pfund zu kaufen, wenn ich doch 3 Liter für 2 Pfund haben kann. Das ist leidig, wenn man mit dem Fahrrad alles im Rucksack auf dem Buckel heimkarren muss.
Heute habe ich gelernt, dass es in York eine Besonderheit gibt, die sonst nirgends in Großbritannien zu finden ist. Und zwar die „snickelways“. Das sind kleinste Straßen, die man kaum als solche identifizieren kann, weil sie wie Sackgassen oder Hinterhofstraßen aussehen, in denen die Engländer gerne ihre Mülltonnen abstellen. Diese Straßen sind jedoch lebendig und beherbergen Schätze in sich. In einem ist zum Beispiel ein winziges Restaurant mit dem Namen „Three black cats“ angesiedelt.
Beim Tee mit Emma, Edwin und Emmas Mutter heute Nachmittag lernte ich auch, dass das durch meinen Professor ausgelöste Milchkännchentrauma ein wenig überzogen ist. Während scheinbar in der Generation unserer Eltern größten Wert darauf gelegt wurde, Milch und Sahne nur aus extra dafür prädestinierten Kännchen zu konsumieren – alles andere sei unhöflich – legen die Briten aus meiner Generation keinen besonderen Wert darauf, sondern zeigen sich vielmehr praxisorientiert: immerhin seien die Plastikmilchflaschen ja extra so konzipiert, dass man ihren Inhalt ausschütten kann, ohne den ganzen Tisch vollzutropfen. Das erscheint mir doch wie eine vernünftige Einstellung. Ich denke, ich werde mir dennoch ein Milchkännchen besorgen. Just in case…
York war – oder vielleicht ist noch – eine Quaker-Stadt. Und die Quaker hier haben sich seit jeher dadurch profiliert, allerlei Süßkram herzustellen. Nicht umsonst wurden Teile des grandiosen Films „Charlie and the chocolate factory“ in York gedreht. Leider schließen immer mehr der ursprünglichen kleinen Betriebe, weil sie von Nestle verdrängt werden. Aber einen gibt es noch. Und so kann es kommen, dass mir auf dem Nachhauseweg mit dem Fahrrad ein intensiver Schokoladengeruch in die Nase steigt, was am Ende eines Tages mit wenig zu Essen recht quälend sein kann. Aber irgendwie auch lecker.
Eine weitere Absonderlichkeit, die mir auch schon in Neuseeland aufgefallen ist, ist der Schlüsselwahn hierzulande. Nicht etwa im Eigenheim. Da hat man einen Haustürschlüssel, der aus dem Museum stammen könnte. Ich meine an der Uni. Ich bin mittlerweile schon wieder stolzer Besitzer eines mindestens 5 Kilo schweren Schlüsselbundes, der 1 „Swipecard“ und 1 Sicherheitsschlüssel für mein Büro umfasst, sowie 2 weitere Schlüssel und 1 „Fob“ für das MEG. Ein Fob ist ein kleiner Plastikchip, den man an eine entsprechende Dock-Anlage an manchen Türen halten muss, um Einlass gewährt zu bekommen. Und natürlich gibt es neben der 100 Schlüssel im MEG eine Alarmanlage die typischerweise neulich ansprang, als ich zugegen war, obwohl keiner wusste warum. Seither haben wir alle Tinnitus. Von Sicherheitsdienst natürlich keine Spur.
Apropos Alarmanlage: neulich kam ich nach Hause und hörte aus dem ersten Stock ein verdächtiges Geräusch. Ich sah mich schon wieder einem Einbrecher gegenüber und fackelte deshalb nicht lange, sondern holte mir – wie schon damals in Auckland – erst mal das größte Messer aus der Küche. Mit diesem trat ich dann tapfer den Weg treppauf an… Allerdings stellte ich zu meiner Peinlichkeit (und Erleichterung) fest, dass es sich lediglich um den Rauchmelder handelte, der ein jämmerliches Piepsen von sich gab, weil ihm der Saft ausging. Super. Das hätte mir auch mal jemand sagen können…