Es ist interessant, wie in England Fahrrad gefahren wird. Während man ja bei uns versucht, sich auch noch als Hochleistungssportler mit einem schicken Outfit auf den Sattel zu schwingen, scheinen die Briten genau das Gegenteil erzielen zu wollen. Je mehr leuchtende Haftstreifen, Bänder, Warnwesten, Helme etc, umso besser. Man sieht: Sicherheit wird groß geschrieben, obwohl es in York an den Ampeln sogar extra grüne Felder vor den Autos gibt, um zu demonstrieren, dass Radfahrer hier bevorzugt werden…
Lustig ist auch, dass am Psychology Department ein extra Fahrradgefängnis (getarnt als Abstellbereich) installiert ist. Vielleicht ist es auch eher ein Gefängnis für den Rest der Welt, um übel meinende Menschen von den Fahrrädern abzuhalten. Man weiß es nicht. Auf jeden Fall ist es das luxuriöseste, was mir je an Fahrradabstellgelegenheiten untergekommen ist. Jedes Fahrrad hat ein eigenes kleines Dach über dem Sattel, damit dieser bei dem wohl nicht selten auftretenden Regen nicht nass wird. Außerdem hängt man das Fahrrad mit der Stange unter dem Sattel an einer Art Gabel auf, damit eventuell vorhandenes Wasser ablaufen kann und das Fahrrad nicht rostet. Und es gibt eine groß dimensionierte Öse pro Fahrrad, durch die man dann sein Schloss führen kann. Der ganze Parcour ist von einem Gitter eingefasst, das von einem Künstler gestaltete Abstraktionen des Gehirns zeigt und man kann das Reich nur mit einer extra programmierten „Swipe-Card“ betreten. Unglaublich.
Heute war ich auf einer Schnitzeljagd, um mir eine „National Insurance Number“ beim „Inland Revenue Office“ - dem englischen Äquivalent zum Bürgerbüro - zu besorgen. Mir wurde schon von vornherein durch einen mit Sicherheit schwulen Mitarbeiter der Uni-Administration mitgeteilt, dass das „not the easiest people to deal with“ seien. Schon beim Aufsuchen des Ladens hatte ich meine Schwierigkeiten, so dass ich einen seriös aussehenden älteren Herrn auf der Straße wegen Hilfe ansprach. Dieser erklärte mir (nachdem er mich eindeutig als Dänin identifiziert hatte) wo das Büro sei, aber wie der Zufall es wollte, war er ein ehemaliger Mitarbeiter des Inland Revenue Office und erklärte mir, dass mein Wunsch nach einer National Insurance Number dort nicht gestillt werden würde. Er erklärte mir stattdessen, zu welcher Behörde ich als nächstes gehen sollte. Dort angelangt stellte ich schon leicht genervt fest, dass jene – wie es sich für anständige Behörden gehört – erst um 10 öffnen würde. Ich gab den Plan also für den heutigen Tag auf und machte mich stattdessen in Richtung Uni auf, mit dem festen Vorsatz, es morgen noch mal mit den Behördengängen zu versuchen. Ich befürchte, diese Geschichte wird noch eine Fortsetzung haben…
Allerdings lernte ich wieder eine neue lustige Vokabel auf der Schnitzeljagd. Der ältere Herr beschrieb mir nämlich das Gebäude, in das ich gehen sollte mit „it´s an absolute eye-sore in the middle of York. You cannot miss ist.“ Briten nennen also hässliche Gebäude „Augenentzündungen“ – quasi das negativ Inverse zur „Augenweide“. Hihi.
Eine im Grunde auch schon olle Kamelle, weil viel erzählt, aber dennoch eine erinnerungswürdige Eigenart in England sind die Supermärkte. Es ist unfassbar, welche Dimensionen diese Märkte haben und was man dort alles kaufen kann – nämlich alles. Vermutlich auch kleine Kinder oder Privatjets, wenn man nur weiß, in welchem Gang sie stehen. Und das ist gar nicht so leicht. Die Gänge sind enorm – von einer Weite, dass man mit einem Luxusliner durchfahren könnte, würde man Wasser hineinfüllen – und erstrecken sich so weit das Auge reicht. Ein wenig Hilfe bekommt man durch riesenhafte Hängeschilder über den einzelnen Gängen, allerdings nur von denen im Umkreis von 50 Metern, denn die am Ende des Horizonts kann man nicht mehr lesen. Dementsprechend sollte man etwas Zeit einplanen wenn man shoppen geht. Alleine die Strecken zu bewältigen braucht schon seine Zeit…
Ein weiterer sprachlicher Ausdruck, den man sich merken sollte, wurde neulich von Quentin geäußert, der anschaulich beschreiben wollte, wie entnervt er wäre, wenn bei ihm 40 verschiedene Institutionen auf der Matte stünden und ständig etwas anderes wollten. Er meinte: „Apart from being in a terribly bad mood, I´d tell them to not darken my door any longer.“ Cooler Spruch.