Ein Schwabe in Bayern
Ein Schwabe in Bayern

Das Fünf-Seen Dilemma

24.4.14

 

An sich gibt es bei uns vor Ort nichts zu meckern, was Natur vor der Türe betrifft. Es gibt den Starnberger See, Berge und Wald. Aber – Zefix!! (ß bayrisch!) – man kommt einfach nicht hin!

 

Am See stehen zum Beispiel dicke Villen im Weg, die (natürlich!) einen Privatstrand haben. Will man in Berg am See flanieren, flaniert man in der „Seestraße“ zwischen mächtigen palastartigen Gebäuden auf der einen Seite und hohen Zäunen, die den Privatstrand mit Bootsschuppen vor den gierigen Blicken des Plebs beschützen, auf der anderen Seite wie durch einen Tunnel hindurch. Das einzige Blau, das man zu Sehen bekommt, ist der Himmel, wenn man den Kopf ganz nach hinten legt. Natürlich nur, wenn man Glück hat und die Sonne scheint. Wenn man weit genug läuft, kommt man im Strandbad von Percha raus, wo es immerhin ein paar Meter öffentlichen Seezugang gibt. Kaum blitzt ein Sonnenstrählchen durch die Wolken ist es dort allerdings verständlicherweise so proppenvoll, dass man keinen Platz mehr findet. Zur gleichen Zeit an der Starnberger Straße (der Hauptstraße, die Berg und Starnberg verbindet) verstopfen Wahnsinnige, die mit dem Auto zu dem Strandbad gefahren sind, die Hauptstraße an beiden Seiten durch verzweifeltes Parken im Straßengraben. Selbstmörderisch stürzen sich See-Suchende voll beladen mit Sonnenschirmen und Picknickdecke über die Hauptstraße, um noch ein Fleckchen Gras am Strandbad zu ergattern. Es ist zum Heulen. Wo also hin? Wir bekamen den Geheimtipp, doch mal den Buchsee zu probieren, ein wahrlich idyllisches Plätzchen ganz bei uns um die Ecke. Der See ist eher eine kleine Pfütze, aber sehr malerisch zwischen Wiesen und Wald gelegen. Man muss 1 Euro an den Bauern zahlen, dem der See gehört (!), dann darf man dort baden. Allerdings gibt es auch hier ein paar Probleme. Erstens, haben auch noch andere, bevorzugt superreiche Münchner den geheimen Geheimtipp bekommen, den Buchsee zu probieren, um doch mal raus aus der Stadt zu kommen. Das spiegelt sich an den langen Reihen von Jaguars, Maseratis, BMW und Mercedes Luxusklassewagen mit M-Kennzeichen wieder, die den Parkplatz verstopfen. Zweitens haben die Liegewiesen eine Neigung von ca. 30 Grad, was entspanntes Liegen unmöglich macht. Drittens treibt – wenn man unserem Nachbarn Glauben schenken darf – der Buchsee-Bauer morgens seine Kühe zum Waschen durch den See, bevor die ganzen Touristen kommen und das Wasser dreckig machen. Also: eher nichts für uns. Eine Lösung für das Schwimm-Dilemma haben wir bisher noch nicht gefunden.

 

Will man, wenn man schon nicht schafft zu baden, zur Erholung in die Berge fahren, sieht es an sonnigen Wochenenden ähnlich elend aus. Spätestens bei Garmisch ist auf der A95 Stau, weil selbstverständlich auch halb München in die Berge fahren muss. Deshalb haben wir schon versucht, mit der BOB (der bayrischen Oberlandbahn) in die Berge zu fahren. Man glaubt es kaum, aber wir konnten 2 Züge nicht nehmen, weil sie so voll waren, dass wir schlicht nicht mehr hineinpassten. Die Leute fielen buchstäblich heraus, als sich die Türen öffneten. In den dritten Zug haben wir uns dann mit Mühe und Not noch gequetscht. Nach diesem erholsamen Erlebnis haben wir dann husch-husch schnell unsere Wanderung gemacht, damit wir zack-zack nicht die letzte, mit Sicherheit wieder aus allen Nähten platzende BOB nach Hause nehmen mussten. Puh! Nicht noch mal. Die einzige Chance ist es, über Land mit dem Auto zu eiern und die Autobahn zu umgehen, dann steht man wenigstens nur die letzten 1 bis 2 Stunden im Stau, wenn eben doch wieder alle Autos auf die Zufahrtsstraße zu den attraktiven Wandergebieten geleitet werden.

 

Also bleibt man am besten zum Erholen im Freien Zuhause. Oder? Selbst hier vor der Haustüre können wir nicht einfach Wald und Wiesen betreten, weil sie jemandem gehören. Ein sehr schöner Waldrundweg ist mit einer Kette verhängt, an der ein Schild baumelt, das einen informiert, dieser Weg sei privat und man würde angezeigt, wenn man ihn betrete. Den schönen Höhenweg durch unseren Ort dürfen wir auch von Mai bis Oktober nicht gehen, weil wir sonst die Wiese runtertrampeln, die dann der Bauer nicht mehr mähen kann. Aaaah!

 

Liebes Bayern, kann das nicht anders gehen?

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© Isabella Paul-Jordanov